Erfahrungen


Sterbebegleitung


Jeder hat seine eigene Geschichte, die ihn zur aktiven Mitarbeit im Hospiz-Verein Hameln gebracht hat. Meine begann damit, dass mein Mann sehr jung schwer erkrankte und verstarb. Ich hätte mir in dieser schweren Zeit jemanden an unserer Seite gewünscht, der sich mit „so was“ auskannte. So meldete ich mich 1997 bei der VHS zum Kurs „Sterbebegleitung“ an. Er wurde von Monika Bartsch und Wilhelm Meinberg, den Vorsitzenden des noch jungen Hospiz-Vereins, geleitet. Ich lernte viel über Tod und Sterben und mich. Und ich blieb dabei.

Mit den Jahren hat sich viel in den Strukturen der Hospizarbeit geändert. Wurde die Koordination der Einsätze für die Aktiven anfangs von der Vereinsvorsitzenden mit erledigt, stehen uns dafür heute mit Ingrid und Marlen zwei hauptamtliche, gut ausgebildete Koordinatorinnen zur Verfügung, Damals war die Anzahl der Einsätze überschaubar, heute hat sich dies durch die Zusammenarbeit mit dem Palliativstützpunkt und der wachsenden Bekanntheit des Vereins grundlegend verändert. Wir werden von zwei Supervisoren gut betreut, und regelmäßig gibt es Fortbildungen, ob als Wochenendseminar im Süntel oder als Abendveranstaltung mit wechselnden Referenten.

Aber bei aller Professionalität in den Abläufen hat sich nichts am Mittelpunkt der Arbeit geändert: der schwer kranke, sterbende Mensch und seine Angehörigen.
Vor jedem Einsatz begleiten mich auch heute noch Ängste und Zweifel: Wie wird es werden, was kommt auf mich zu, bin ich dem gewachsen? Mit Herzklopfen stehe ich vor der Tür. Und jedes Mal ist es anders. Aber so bleibe ich sensibel für den Menschen und seine Bedürfnisse. Ich denke, niemand könnte über einen längeren Zeitraum begleiten, wenn es nicht auch eine Bereicherung für das eigene Leben wäre. Es ist ein Geben und ein Nehmen. Es kommt vor, dass ich gefragt werde: „Musst du dich denn immer noch mit dem Tod beschäftigen?“ Ja, er gehört für mich zum Leben und er hat viel von seinem Schrecken verloren.
Durch das Dasein für Menschen in der letzten Lebensphase habe ich viel über mich gelernt. Neben dem unbestritten Schwierigen gibt es auch immer wieder schöne Erlebnisse.

So erlebte ich eine schwerkranke, sehr naturverbundene Dame, die mit mir einen Spaziergang in ihren geliebten Wald machen wollte. Das Wetter war nicht das Beste, und so begann es zu regnen, als sie an einem Graben Kräuter entdeckte. „Die kann ich gebrauchen“, rief sie aufgeregt. Und so standen wir dann da, sie halb im Graben, ich ihre Hand haltend und mit der anderen Hand den Regenschirm, uns beide beschirmend. Es war ihr letzter Spaziergang, aber bei unseren Gesprächen erinnerte sie sich und sagte dann: „Wissen Sie noch, wir beide im Regen...!“

                                                                                                                                              Ute Peleikis



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