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17.04.2025

Hallo und auf Wiedersehen – eine berührende Vernissage

Sanfte Gitarrenklänge perlen durch die freundlichen Räume des Hospiz-Vereins in Hameln. Draußen trommelt der Regen aufs Dach, drinnen umarmt man sich, begegnet einander mit offenem Blick und genießt lächelnd die einladende Atmosphäre, für die viele Helferinnen dezent im Hintergrund sorgen.
 

Im großen, hellen Ausstellungsraum ist ein Café aufgebaut, liebevoll dekorierte Stehtische und kleine Sitzgruppen laden zum regen Austausch ein. Es wird über Hospizarbeit, Jakobswege, das Wetter, Kunst- oder Konzerterlebnisse gesprochen. Neben dem Rednerpult sorgt Gitarrist Eilhard Buttkuss für den passenden Klangteppich.

Das Herzstück ist natürlich die Fotoausstellung „Ein weiblicher Blick auf die Geburt und das Sterben“, die sich auf einer luftigen Zickzackwand durch den Raum spannt. Von den rund 70 Gästen ist ein Großteil weiblich – passend zum Thema.

Nachdem Kathrin Maris im Namen der Koordination und des Vorstandes die Anwesenden begrüßt hat, erzählt die Kölner Fotografin Annika Elaine Krause von der Arbeit an dem herausfordernden Projekt und von ihrem biografisch motivierten Wunsch, die Themen Gebären und Sterben aus der Tabuzone zu befreien. Mit ihren einfühlsamen, aber ungeschönten Reportagen möchte sie Berührungsängste abbauen und dazu beitragen, jene lähmende Scham zu überwinden, die ehrlichen Gesprächen häufig im Weg steht.

Wir erfahren, wie sie zunächst im privaten Umfeld und später über soziale Medien und Netzwerke ihre Modelle fand – und dass Selbstbestimmung in allen Prozessen eine zentrale Rolle spielte. Ihre Arbeit war ein gemeinsames Tasten und Ausprobieren im ständigen Dialog: Wie nehme ich Dich wahr? Wie nimmst Du Dich selbst wahr? Was braucht es, um Deine Geschichte zu erzählen? Auch Kameraperspektive und Bildauswahl folgen diesen Fragen, denn sie prägen jene „Wahrheit“, welche die Betrachter in den Bildern lesen.

Das Buch „Hallo und auf Wiedersehen“, aus dem diese besondere Ausstellung hervorgeht, vereint daher dokumentarische Szenen, inszenierte Momente und gemeinsam mit den dargestellten Frauen kuratierte Geschichten.

Eine halbe Stunde später, beim lebendigen Austausch mit Kaffee und selbst gebackenem Kuchen scheint mit einem Mal die Sonne – der April lässt grüßen. Die Gäste betrachten die Bilder noch einmal mit frischem Blick, nehmen die Darstellungen vielleicht neu wahr – und nicht selten wird ein besonders bewegendes Motiv abfotografiert.

Im zweiten Teil des Vortrags lauschen wir dann zwei bebilderten Lesungen. Zunächst begleiten wir Schwangerschaft und Geburt von Melanie, die sich eine Befreiung von ihrer Scham über das Körperliche wünscht. Abschließend hören wir von der kompromisslosen Christine, die sich nach ihrer Krebsdiagnose einen bis zuletzt selbstbestimmten Sterbeprozess wünscht und diesen offen mit der Welt teilt.

Für Annika Krause hat der Tod inzwischen einen Platz im Leben gefunden. Er darf da sein – ein Geschenk, das ohne dieses Projekt nicht möglich gewesen wäre. Denn, so sagt sie: Die ehrlich gezeigte Realität ist am Ende immer harmloser als eine ausufernde Fantasie.

Mit interessierten Fragen aus dem Publikum klingt die Vernissage aus. Sie entlässt die Besucherinnen mit wahrhaftigen Bildern und Gesprächen, die nachwirken und vielleicht ja dazu beitragen, den gesellschaftlichen Blick auf die Übergänge an den Rändern unseres Lebens ein wenig zu weiten.






Bildquelle: Privat


Bildquelle: Privat


 

Die Fotografin und Autorin
Annika Eliane Krause




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